Mara

In der Zeit, als die Israeliten noch von den Richtern geführt wurden, brach im Land eine Hungersnot aus. Deshalb verließ Elimelech aus der Sippe Efrat seine Heimatstadt Bethlehem in Judäa und zog mit seiner Frau Noomi und seinen Söhnen Machlon und Kiljon in das Land Moab. Während sie dort lebten, starb Elimelech, und Noomi blieb allein mit ihren Söhnen zurück. Die Söhne heirateten zwei moabitische Mädchen, Orpa und Ruth. Zehn Jahre später starben auch Machlon und Kiljon, und ihre Mutter war nun ohne männlichen Schutz.

Verflieht das Leben? Und ich erwache morgens, noch selber lachend über mich, über meinen Traum. Gerad noch rechtzeitig, um nicht zerrissen zu werden. Verfliehen. Zerfliehen. Morgens, wenn man aufwacht. Als wäre der Tag schon entschieden, die Dämonen längst schon an ihre Position gesetzt. Sie sind pünktlich. Und wir sind noch verschlafen. Schlaf in den Augen, der Traum, vergangen, raubt uns die letzte Tröstung. Losgegangen sind wir damals in der Hoffnung auf Überleben und was können wir klagen. Losgegangen sind wir voller Trauer, Mara, oder Naomi, die Weinende oder die lachende, ob sie am Ende wirklich wieder gelacht hat, Orpa und ich. Für mich Wanderung ins Ungewisse, Einsamkeit, Streit, Durchhaltevermögen.

Drei Frauen ohne männlichen Schutz verlachen den Durst und den Hunger. Das schmiedete uns fester zusammen. Wir waren sowieso schon eins. Noch heulend wegen der Toten. Seltsam, sie rücken immer weiter weg. Es gibt keine Garantien auf Sicherheit. Es gibt nur einen Gott, der der sein wird, der er sein wird, nur der lächelt leise und treibt uns vorwärts, weg von unseren Fluchtversuchen. Nein, so eigentlich nicht. Er verströmt sich, und wir fließen anders. Er nahm uns die alte Identifikation weg, nach menschlichem Ermessen das Überlebensrecht. Aber ich habe ihn neu erfahren. Ich habe die Göttlichkeit gespürt. Sie ließ mich festhalten und loslassen, neue Versuche setzen. Oh, die Göttlichkeit ist fast ketzerisch. Sie ließ mich leichter werden, wir hatten keinen Ballast mehr, wir wurden leer, verletzbar auch, neu auffüllbar. Mit Essig oder Wein?

Die Verluste nahmen klare Strukturen an, so wie ein Wassertropfen, der vor unseren Augen gefriert.

Merklich kühler wurde es. Es war nicht mehr Juni. Wir zogen die Kleidung enger zusammen und fühlten uns nicht eingeengt dadurch. Ja, die Nächte waren eine Qual. Kalt ist es. Drei frierende Bündel, die ineinander verknäult sind, bis der Schlaf ihnen das Bewusstsein raubt, dass es kalt ist, nur den Traum umgibt ein kühler hauch. Und geträumt haben wir viel. Träume, die einen aus der hohlen Hand gespült werden, zu kitschig, um sie festhalten zu können. Sie sind uns entflohen und ziehen uns hinterher. Und jeden Tag fangen wir sie ein. Vielleicht um zu spüren, wie das ist, wenn sie einem aus der Hand herausrutschen. Immer ein neuer Tag. Glitschig und entgleitend. Träume haben wir uns stets erzählt, manchmal zog es sich den ganzen Vormittag hin.

Den anderen abgeben von der Göttlichkeit. Außerdem Spannung, unter der Haut bewegt sich etwas., jeder Traum ist eine Offenbarung. Glitschig. Drei verrückte Frauen. Joseph, du Träumer, geh Weiberröcke zählen. Und Joseph rettete ein Volk. Aus diesem Volk stammte Mara und unsere Männer, und zu diesem Volk wollten wir.

Kamen wir an einen unbewachten Brunnen, war´s ein Fest. Quellen freuten uns noch mehr. Bei den Brunnen hatte die Freude im Gehirn, ganz hinten, einen bitteren Geschmack. Geschichten von vergifteten Brunnen hatten wir gehört. Tod, wir zittern vor dir, da hilft kein Weinen. Trotzdem Freude, später Freude, ach ja, ich leb ja noch- bis zum nächsten fremden Brunnen.

Und ständig Maras Hinterfragen, warum wir denn mitwollen in die Fremde. Angst hatte ich schon vor nie Gesehenem. Aber Mara war mir eine Stütze und ein Halt, und ein Wachsen. Ich nenne sie noch immer Mara, die Bittere, die Bitternisse treiben mich fort. Jeder spürt es, der zu kauen beginnt an unseren Bitternissen. Aber man lässt uns stehen. Irgendwann einmal bleibt Orpa zurück, um allein zu sein, um zu sterben oder umzukehren. Ein Abschluß für immer.

Maras ewiges Gerede hatte sie wohl überzeugt oder deprimiert. Abschied nehmen für immer, was immer noch passierte, noch eine Bitterkeit- Orpa. Keine Gewissensbisse- Bitterkeit.

Mara verstand wohl nie, warum ich nicht mitging ins vergangene Land, aber es war für mich verblüht, vielleicht hat Orpa eine neue Blume gefunden. Ich musste gehen, um andere Blumen zu finden, ich wollte die Blumen sehen, die Mara in ihrer Kindheit berührt hatte, ihre Erde schmecken, aus der sie gewachsen ist zu einer Frau wie Fels, die steht, wo sie steht. Die schreit, wenn sie schreit. Die weint, wenn sie weint. Die frei ist wie ein Vogel, der auf und davonfliegt und weg ist. Und doch ging ich neben ihr, lernte ich neben ihr herzuschreiten, so wie auch sie schritt und nicht ging. Manchmal schwebte sie einige Schritte vor mir, es war, als sei sie nicht von der Erde abhängig und ging, ohne den Boden zu berühren.

Und manchmal sah ich sie oder mich fallen. Das konnte ich manchmal gar nicht mehr so genau trennen. Als sei unser Innenleben verbunden wie dünne Stäbchen und würde losgehen, ohne Beeinflussung durch Strömungen, uns fortreißen, uns drehend machen, bis wir uns am Boden wiederfanden, der ein anderer Boden war als der Boden der Tatsachen, weil er ehrlicher ist. Und Ehrlichkeit heißt, dass man sich dreht, bis alles verschwindet, so wie wir losgegangen sind, drehen ins Ungewisse, vielleicht auch in ein nicht Vorhandenes, wo alles von uns abfällt, wir entzaubert werden. (Entzauberung benötigt immer ein gegenüber, dass nicht vor Schwachheit umfällt- oder doch?) Aber ein Gegenüber, dass nicht etwas spielt, das unverkrampfte Augen hat, die einen nicht verschlingen oder wegwerfen, Augen, die einfach entspannt sind, für Sekunden Feen sind. Nur Dämonen sind Wollüstlinge. Ein Schritt, noch einen. Der Tag ist so viele Schritte lang, aber sehn kann ich nur den einen Schritt. Als sei der Tag nur ein Schritt und ein Traum.

Ach, was für Gedanken wirren mir im Kopf herum. Ich kann nichts davon sagen, manchmal machen sie mich stumm und erdrücken mich. Unsagbares schlepp ich mit in dieses jüdische Land. Nur manchmal entweicht eine Geste.

Orpa war eine große und mächtige Frau. Sie wusste, dass man sie sah, wo sie auch auftauchte. Und sie zeigte es, dass sie auch schön war. Selbst manchmal dachte ich, dass die Traurigkeit in ihrem großen Körper keinen Platz hatte, da war nur Platz für Orpa und ein hämisches Zucken in den Mundwinkeln. Sie entwich und entwendete sich alles, als sei sie ein Mann. Nicht ein Krieger, eher ein Händler. Nicht dass sie unehrlich war, eher so was, was man mit schleimig oder aalglatt beschreiben könnte. Nicht ehrlich, nicht unehrlich. Nichtssagend, nein das trifft nicht den Kern. Nichtsmeinend. Ich hörte Händlern zu, die redeten Stunden, redeten schön, aber man wusste hinterher nicht einmal, war seine Ware gut oder schlecht. So war Orpa. Wenn man redet, braucht man nicht zu denken, sagte ich mir immer, wenn ihr Wortschwall auf mich einregnete. Trotzdem, sie erkämpfte am meisten für uns und alle wurden wir ganz klein. Manchmal wie sie sein wollen und manchmal sie verabscheuen.

Stark sein oder schwach. Als gibt es nur zwei falsche Möglichkeiten. Entweder ich beherrsche mich, unterdrücke mich und ersticke an meiner eigenen Kälte oder ich fall zurück in meine Vergangenheit, hab die gleichen Gesten wie als Kind, nur flacher, verarmter. Ein Gespenst, dass mich verfolgt.

Niemals alles loslassen können. Ach Orpa. Ob du wohl glücklicher warst? Kein Abschaum bleibt von dir bei uns. Nichts bleibt mir, nur alberne Erinnerungen, an dein lautes Lachen, bei dem wohl Mauern einstürzen könnten. Laut und grell, oft an den nicht möglichen Stellen. Warum entscheidest gerade du dich dafür umzukehren? Auf einmal war ich dir überlegen, wurde stark, wuchs über dich hinaus ins unendliche. Vielleicht macht der Weg mich auch reifer, der Abschied war ein Wendepunkt, löste Gefühlschaos aus, als ob ein Fels in tausend kleine Stücke zerspringen täte, aber somit viel breiter zerstreut liegt. Und vielleicht eine Quelle preisgibt. Zerstörung und Leben. Sterben und Wiedergeborenwerden.

Wir gehen einen Weg geradeaus, der Weg hört auf, wir gehen immer weiter geradeaus, gehen durch eine Schlucht, durch ein langes Tal und irgendwann einmal noch ihr Gesicht vor Augen, als lohne sich das Leben nur wegen dieses einen Augenblicks, wo man das Gesicht gesehen hat. Und wir gehen das lange Tal weiter. Es ist Stille. Der Wind hat aufgehört hier zu existieren. Er existiert jetzt woanders.

Der Wind ist weg, sagt sie. Ja, aber verwüstet ist genug. Und warum soll ein Wind nicht auch sterben, so wie unsre Männer tot sind. Die Stille vor dem Sturm, sagt man bei uns. Man denkt nur an das spätere und es ist einem nicht bewusst, dass der Wind hier jetzt vielleicht tot ist. Vielleicht weil ich Hunger habe und so zersplittert bin. Oder weil er trauert, so wie wir. Oder weil er zu fröhlich ist und unser Dahingebrüte nicht ertragen kann. Weibergeschwätz, sagte Mara. Wir lachen lange und laut. Gut, dass uns keiner hören kann. Wir fühlen uns unbeobachtet, verstehn uns bis ins Tiefste, so manchmal. Obwohl doch Jahrzehnte zwischen uns liegen. Mara ist eine andere Strecke gegangen als ich, meine ist die kürzere. Freilich sie könnte meine Mutter sein, wo sie doch meine Schwiegermutter ist.

Aber davon ist gar nichts zu spüren. Wir lachen laut und lange. Zu lange fast. Wir hatten ganz das Atmen vergessen, so kam es mir vor. Wir setzten uns hin und ruhten uns aus. Dann lagen wir irgendwann da und fingen wieder an zu lachen.

Irgendwann nach Mitternacht sind wir aufgewacht auf irgendeine Weise. Sind wir denn lachend eingeschlafen? Wir haben uns angeschaut mit einem Grinsen im Gesicht, und ann haben wir uns rumgedreht und weitergeschlafen.

Solche Bilder tauchen immer wieder vor mir auf. Von Chronologie hält meine Psyche nichts. Meine Träume sind ja genauso, sie schmeisen alles durcheinander, längstvergangenes, gestriges, heutiges, manchmal sogar so etwas wie künftiges. So oft auch Sachen, die mir unbegreiflich sind. Weshalb haben wir eigentlich gelacht? Nicht erklärbar, aber was soll denn eigentlich diese Sucht alles in Erklärungen zu verhülln, so daß man fast gar nicht mehr sehn kann? Gelacht haben wir und uns ins Gesicht gesehn, das ist alles. Alles, alles.

Und wir haben gut geschlafen, sehr gut sogar. Morgens vor der Sonne aufwachen, überwältigt von der Stärke der Nacht und der Weite des Horizontes, von der Vielgestaltigkeit des Taus und von der Trübigkeit unserer müden Augen. Aufspringen, ein wenig zu zweit rennen, irgendwann geht die Sonne auf, irgendwann wird es wärmer. Wir kämmen lange unser Haar, manchen den Kamm wieder sauber. Manchmal finden wir einen Fluß, hinein, hinein.

Weit und breit kein Mensch zu sehen. Hinein. Und wenn ein Wanderer des Weges kommt, müssen wir uns halt schämen. Endlich weg mit dem Schweiß und dem Dreck. Heute wird Waschtag sein, auch für die Kleider. Ein halber Tag Pause. Verfliehen der Kraftlosigkeit. Loslösung. Wachsen in eine neue Auferweckung, Auferstehung. Tanzen, sich ins Gras fallen lassen. Wiedererstehen. Dem Gras beim hin- und herwiegen zuschauen, es in sich aufnehmen. Es in sich weiterwachsenlassen. Wo ist unsere Bitterkeit gebleieben? Manchmal die Lachende, manchmal die Bittere. Oft Überschneidungen. Mitten in der Fröhlichkeit will sie plötzlich nicht mehr gelingen. Schatten ziehen auf, decken uns wie Wolken die Sonne zu, ziehen weiter, geben wieder Licht frei, wenn ich daran nicht denke. Ich versteh dieses Leben nicht. Es ist entschieden zu seltsam. Mara erzählte mir ein altes Sprichwort. Wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Tag am Nächsten.

Zärtlichkeit in unseren Bewegungen, in unseren Umgang miteinander, in unseren Augen. Die Liebe Gottes, die höher ist als alle Vernunft. Auch eien Art Unvernunft- höher als alle Vernunft. Das verstehen, fühlen. Unsere Zärtlichkeit.

Dränge mich nicht, dich zu verlassen. Ich will bei dir bleiben. Dränge mich nicht, dich zu verlassen. Ich will bei dir bleiben. Wohin du gehst, dahin gehe ich auch, wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist der meine. Wo du stirbst, will ich auch sterben und begraben werden. Wenn etwas anderes mich von dir trennt- nein, es gab nichts, was uns trennen konnte. Nur der Tod tat es.

Meine Worte klingen jetzt seltsam in meinem Ohr, sie klingen nach dieser Zeit, die nicht die heutige Zeit ist. Zu Mara konnte ich so sein, ohne Angst, daß ich mich ausliefere. Na, dann ist ja gut, sagte Mara. Wenn du so festen Sinnes bist, dann komm mit. So festen Sinnes. Das war mir nicht bewußt, auf einmal dieses so festen Sinnes sein. Es hat unserer Gemeinschaft in ein Licht einer anderen Qualität gesetzt. Es war etwas anderes, aber wer konnte dieses Licht schon sehen, in dem wir uns sahen. Ein neues Licht. Es zeigt neue Wege.

Mara steht da, die Hände in die Hüfte gestemmt, tief durchatmend, das Gepäck abgesetzt, lachend. Ihr Gesicht rund wie ein Rad, wie ein Wagenrad. Die Beine ein wenig gespreitzt, die Lippen ein wenig zur Seite gezogen. Ich gehe ein paar Schritte weiter, setze mein Gepäck ab, warte, bis ihre Lippen langsam zusammenfallen, sie weider eine andere Haltung einnimmt, wohl eine da-müssen-wir-wohl-mal-wieder-Haltung, ihr Gesicht für Minuten versteinernd losläuft, daß ich Mühe habe, ihr zu folgen, sie dann doch wieder einhole. Das Spiel wiederholt sich einige MAle am Tag. Ich weiß nicht, was das soll, raff mich aber auch nicht auf, sie zu fragen, geh weiter und nach ein paar Minuten normalisiert sich ihr Gesicht, spannt sich zuvor in einem tief verkrampften Lächeln, nicht zu deuten. Dann ist wieder alles normal, als wäre nichts gewesen. Vielleicht war auch nichts, vielleicht ist das alles nur meine Einbildung, vielleicht versteinert sich mein Gesicht auch und ich merke es gar nicht. Ablenkungsmanöver. Zum Glück durchs nichts zu beweisen. Vergangenheit verschmiltzt mit dem Präsens. Maras Schritt geht neben mir, heute, wenn ich Wasser holen geh. Nichts ist aus und vorbei. Der Tod ist Wahrheit und Fiktion. Es sind nicht die Geister der Toten, es sind die Toten selbst. Es hat nichts mit tot oder nicht tot zu tun, auch Lebende sind ständig um uns, ohne körperlich dazusein. Ihre Kraft und ihr Fluch.

Der Morgen ist in der Erinnerung so etwas wie eine Offenbarungszeit, wie mit fremder Energie beladen. Bevor er sie ins richtige Licht rückt, höre ich es knistern, fast lautlos, aber so sehr intensiv. Ich beziehe aus ihm die Kraft für den ganzen Tag. Und pelle meinen letzten Abfall aus mir heraus, schüttele mich, dreh mich. Dazu das intensive Gesicht eines geliebeten oder gemochten Menschen. Das Aufwachen zerfließt in meinem ganzen Körper, wenn ich die Kraft habe, das Aufwachen fallenzulassen im Vertrauen, daß es in mir zerfließt und jede meiner Zellen speis, bis ich ein Mensch werde. Mara nennt es Gottvertrauen, aber es ist nichts anderes. Es fällt mir schwer, alles, was ich bin, immer wieder auf den einen Gott zu beziehen, über den sie so wenig reden, dessen Namen sie nicht einmal aussprechen. Aus Angst.

Ich habe vor Gott keine Angst, ich habe ihn schrecklich lieb gewonnen, als er meinen Flüchen standhielt und nicht zurückfluchte. Und das obwohl Mara mit gegen ihn anschrie. Er lächelte nicht einmal weise, hüllte uns nur ein wie in eine Federbettdecke. Daß das ganze überlebbar bleibt und uns nicht zermürbt, zerstört. Er nahm nicht das Leid von uns, aber er war da und sah unser Leid an. So habe ich es empfunden. Doch geh ich mit ihm ganz anders um, als dieses jüdische Volk. Es ist nicht mein Kriegsgott, und einen Beschützer brauche ich nicht. Das habe ich jetzt gelernt

Pause von einer Gratwanderung. Diverses war neu und muß erst noch benannt werden. Der Mut zur Überwindung. Jeder kleinste Schritt wird gut überlegt und selten gegangen. Gerad heut angesichts der erneuten Bitternis geh ich sie nochmals, eigentlich geh ich sie täglich, nächtlich. Nicht nur einen TAg im August oder Januar, immer geh ich diesen Grat undimmer geh ich das endlose lange Tal. Laufen, nur nicht ermüden. Mara läuft noch. Und gerade hier stehen bleiben? Nein, noch einen Schritt. So ging ich stundenlang, quellenlos, nichts Essbares. Wozu unser nicht essbarer Schmuck. Ja, er war später sehr gut, aber hier war er störend.. Ich weiß nicht, ob es gut ist. Sonst wäre alles anders gekommen, ohne ein wenig prunken zu können. Es wäre gegangen. Die Sicherheit, die den Atem schwerer gehen läßt. Sich belasten mit Vergangenem für eine gesicherte Zukunft. Das alles hat nichts mit der Gegenwart zu tun. Eh wir verstehen, wrden wir sterben.

Die Gratwanderung. Ein eckiger Weg, ein wenig zu trocken, zu heiß, die Nächte zu kalt. Zu weit oben. Zu erschöpft. Zu rätselhaft, zu deprimierend. Ich geh mit dir bis ans Ende. Mein Leid ist dein Leid. Mein Gott ist dein Gott. Ja.

Abends tanzen wir mit der letzten Kraft und umfaal'n bis ein neuer Tag beginnt und neue Kraft uns weitertreibt, alles anders wird, wenn wir aufpassen. Gehen auf den Gratweg und gehen auf der Grasebene. Lebensbotschaften. Doch wir haben unserer Augen fest verschlossen. Nein, ich bin das. Ich habe die Augen zu, zu, zu! Jede Nacht die Alternative früh die Augen zu öffnen und nach dem Aufwachen- das: vielleicht beim nächsten Mal. Dabei gibt es nur dieses eine MAl. Alles andere wird gestohlen und ich sag immer wieder dasselbe. Immer wieder im Kreis. Ich fall auf mich herein. Ha,ha, jetzt nicht mehr.

Abends tanzen wir mit letzter Kraft. Den letzten Atem ausatmen, die letzten Gefühle herausfühlen. Ja, das vor allem. Leer sein für die NAcht, die brodelnd auf uns zukommt, um uns zu verschlingen. Und wiederausspucken mit einem Auftrag, einen Traum, einer Vision. Der Traum von der Spitze des Berges, als gebe es danach nichts mehr. Er schmeißt mich hinein in ein neues Leben, wie ich meine Kinder in die Welt geschmissen hab später. Genauso wie beim Aufwachen. Es ist nicht leichter als zu gebären. Seltsame Vergleiche. Es klingt so brutal, wo das Leben so weich sein kann, so weich wie ein Körper.

Verflieht das Leben? Antwortloses Schweigen, kein Rauschen, kein Murren. Kein Ja, kein Nein. Kein Blatt fällt zu Boden. Nur ein Tropfen Tau verdunstet.